Have you done your duty - diesen Satz, den man in englischen Jugendherbergen liest, beantwortet sie mit einer Serie von inzwischen fast 5000 Fotos, auf denen sie seit 1991 (fast) jeden Tag Gegenstände aus ihrem Haushalt festhält, an oder mit denen sie eine Tätigkeit verrichtet hat.
Man möchte meinen, Susan Sontag habe diese Arbeit gekannt, als sie schrieb, fotografisches Sehen setze die Fähigkeit zur Entdeckung von Schönheit in dem voraus, was jedermann sieht, aber als zu gewöhnlich beiseite schiebt.
Hier heiligt die Wahl die Mittel.
Ihre Gummihandschuhe, nach der Reinigung über das Abflussrohr gehängt, wirken elegant, eine Knopfleiste wirft theatralische Schatten und die Schatten der auf einem Wäscheständer aufgehängten Strümpfen scheinen sich zu drehen und fliegen wie die Gondeln eines Kettenkarussells...
Ihre Arbeit ist sachlich und poetisch, dabei persönlich und allgemein - ein Tagebuch eben.
Thomas Mann hat gesagt, Tagebuch schreiben setze die völlige Unbekanntschaft mit der eigenen Existenz voraus, aber ist es nicht auch eine Art der Selbstvergewisserung und - eine Dokumentation, insbesondere wenn das Tagebuch mit fotografischen Mitteln geführt wird.
Wir werden über einen Gegenstand (einen Ausschnitt, ein Ensemble) auf eine Tätigkeit verwiesen, die eine auch Zeitspanne umschreibt. Eine Tätigkeit, die wir alle kennen, welche die meisten nicht mögen, die tatsächlich viel Zeit in unserem Leben einnimmt und deren Resultat in kürzester Zeit wieder spurlos verschwindet.
Es ist also nicht der Augenblick, der so schön ist, den sie festhält, aber sie wählt, jeden Tag: den »richtigen« Moment, den »richtigen« Gegenstand, den »richtigen« Ort, das »richtige« Licht. Immer das gleiche Format, immer in schwarz - weiß.
Dabei und damit dokumentiert sie - den Tag, die Woche, das Jahr, ein Leben. Diese Form der Strukturierung von Zeiterlebnissen durch jedes einzelne Bild und durch ihre Flut, die sich vor den Augen des Betrachters zu einem Film verdichtet, findet ihren endgültigen Ausdruck in der Inszenierung der Bilder in ihren Ausstellungen.
Christel Aring
20. April 2007